Grunddaten zur Überholung bei 120Tkm (do it yourself)

Alles über Motoren, das Getriebe und die Abgasanlage des Citroën C2
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RomanL
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Grunddaten zur Überholung bei 120Tkm (do it yourself)

Beitrag von RomanL »

Ja, ich weiß, es gibt die Reparaturhandbücher (von Haynes und für nicht des Englischen Mächtige nahezu unlesbar;-) und auch die Taschenhefte von PSA. Aber was es so gut wie nirgendwo gibt, sind Zusammenfassungen einzelner Reparaturen als simple do-it-yourself-Anleitungen.

Gerade bei Citroen/Peugeot gibt es so manchen technischen Kniff, der vom Standard in der Autoindustrie abweicht - beginnend bei der Zylinderzählung. Also kann selbst ein erfahrener Schrauber fatale Stolperfallen mitnehmen...

Hier mal eine Anleitung, wie man am 1,4i (8V = KFV/KFW) die 120.000km-Wartung allein bewerkstelligen kann. Dazu gehören:

1. Ölwechsel - Standardverfahren, nur drauf achten, daß es ein Longlife-Öl sein muß in 5-W40 oder 10-W40

2. (meist) Tausch der Bremssteine vorn - Standardverfahren, wichtig ist, die Kolben gut gängig zu machen und die Spangen gut abzuschmieren sowie den Rost am Sattelträger unter der Spangenauflage gründlich abzuklopfen (natürlich nicht mit Fett abschmieren, sondern mit Cu- oder Keramikpaste ;-), Kolben mehrmals rotieren und erst dann zurückdrücken und ggfs. auch mit Bremsenpaste unterm Staubschutzgummi abschmieren, falls dort Rostansatz besteht

3. Hinterachsbremsen tauschen/instandsetzen - geht nur über Demontage der Bremstrommel und erfordert ein fummliges Zurückstellen des Handbremsnachstellers durch das Radschraubenloch (Schraubendreher muß am Griff nach unten gedrückt werden, so daß sich das Rad des Verstellers nach oben dreht), genau schauen, ob man Lucas/TRW oder ATE/Girling verbaut hat! Die Backen sind unterschiedich breit und anders befestigt, wichtig: Der Anlenkhebel für die Handbremse gammelt gern an der Backe fest - lösen + abschmieren, falls die Backen noch gut sind und drin bleiben können!!!, Zentralmutter kriegt 200Nm und Verstemmung, Staubschutzlippe auf Achsstummel abziehen + Reinigen sowie Radlager fetten (in Maßen!) und kontrollieren macht immer Sinn, !!!ABS-Ring ist auf Nabe als Gummi-Magnet-Ring aufgeschrumpft - Beschädigungsgefahr!! Trommel und Ring schön abspülen und ausblasen

4. Bremsflüssigkeit tauschen - Standardverfahren über Pedalpumpen oder Vakuumsystem, DOT4 sonst nix!, vorn links anfangen und nach hinten rechts vorarbeiten

5. Keilrippenriemen ersetzen - dabei drauf achten, ob man den 1050mm oder 1105mm langen braucht! Die Spannrolle muß manchmal auch ersetzte werden - da paßt Standardmaterial aus der Bucht - Opel, VW, PSA, Fiat/GM...Hauptsache breit genug und das Mittenloch paßt, Empfehlung: Nehmt ne Opel-Rolle aus Metall - ist verschleißfester ;-), Die Spanneinheit selbst muß nahezu nie erneuert werden (spart 35,- und jede Menge Arbeit), Rippenriemen entspannen durch 15er Ringschlüssel und 4mm-Schraube zum Blockieren, Halteschraube der Spannrolle mit 25NM + Loctite blau einsetzen

6. Klimaaanlage warten - Standardverfahren (Werkstatt!)

7. Kühlmittel tauschen - G33, G30 (geht ist aber nicht optimal für lange Wechselintervalle) oder Cartechnic CT12+ (Revkogel2000 kriegt man in D nahezu gar nicht, G33 kann man vorzugsweise bei PSA kaufen - 13-15,-/L), dicken Schlauch unten am Kühler ab, Druckluft (max. 1bar!) auf den Ausleichsbehälterrücklauf und dann warten, bis es vernehmlich im Block gluckert und unten nix mehr kommt, sorgfältig an beiden Entlüftungsschrauben entlüften! Wer's besonders gründlich mag, muß mindestens 2x spülen, da gut 1L Kühlwasser im Block bleibt, wenn man die WaPu nicht tauscht.

8. ZR tauschen - Keilrippenriemenscheibe ab, Abdeckungn oben und unten ab (!!versteckte Schraube hinter dem beschissenen rechten Motorhalter - geht besser ab, wenn der Motorhalter schon raus ist), Motorhalter rechts ab (Motor vorher an Motorkran hängen oder unten an der Ölwanne unterbauen) dabei erst die Halteschrauben auf dem Kotflügelteil (bleibt dran) lösen und dann die 3 am Blockanschluß, NW-Rad auf Absteckposition stellen, M6-Schraube (ca. 40-50mm lang ) in Absteckloch der Kupplungsscheibe versenken (kommt man besser ran, wenn der Ölfilter schon ab ist), NW-Rad abstecken mit 8mm-Stehbolzen oder Bohrerschaft (am besten geht ein abgesägter 8,2er, da ein normaler Bohrer zu lang zum Einfädeln und etwas zu dünn zum Klemmen ist), ZR-Spannrolle lösen und entspannen, ZR runter (am einfachsten einfach durchschneiden), WaPu raus (gehört bei mir grundsätzlich zu jedem neuen ZR - vor allem bei 120Tkm Intervall!), neue WaPu rein, Spannrolle neu rauf (lose lassen!) ZR auflegen (Frontseite straff ausrichten), dann um WaPu und Spannrolle fädeln, Spannrolle auf Überspannposition einstellen (siehe Buch!), Spannrolle leicht anziehen (10Nm), Absteckschrauben raus (beide!!!!!), Motor 4x per Hand durchdrehen, Spannrolle lösen und auf Spannposition stellen (siehe Buch!), festziehen mit 25Nm, Motorhalter ran (45Nm am Block, 60Nm auf dem Motorhalterkotflügelteil - mit Loctite blau am Block), Abdeckungen ran, Keilrippenriemenrad ran (Schrauben mit Loctite blau einsetzen!), 2x per Hand durchdrehen, Testlauf (natürlich nur, wenn Öl und Ölfilter drin sind und Kühlwasser ;-), Keilrippenriemen rauf, Spannrolle freigeben, fertig.

Hinweis: Da das Ausbauen der WaPu ein Ablassen des Kühlwasers erfordert und das Abstecken des OT1 eine Schraube in der Kupplung, wofür man am besten den Ölfilter rausnimmt, kommt es gelegentlich mal vor, daß Motoren in "Probelauf" gehen, ohne daß Öl und Wasser drin sind ;-( Also: Augen auf VOR dem ersten Zündschlüsseldrehen!

Hinweis 2: Falls der Dichtring oben an der NW schwitzt - raus damit! Rad ab (Gegenhalter oder ein Stück weiches Holz zum Festhalten benutzen - bitte nicht das Absteckloch dafür missbrauchen!!!), Simmering rauspopeln, neuen Simmering rein, Stirnfläche der Radanlage an der NW leicht abrichten (Schleifpapier + Brettchen - der hin und wieder anzutreffende, leichte Grat an der Wellennut von der Nase des Rades muß weg), Rad aufsetzen, Schraube rein (45Nm + Loctite blau + Gegenhalter!), fertig in 10min

Und noch was: Da man ja beim Arbeiten am Motor gern mal die Batterie abklemmt: Alle PSA-Fahrzeuge haben eine Initialisierungsroutine im Motorsteuergerät, die man extra auslösen muß.
Dazu muß man nach dem Anklemmen etwa 2min warten und dann den Zündschüssel für etwa 30sec (oder länger) in der Stellung Zündung OHNE Starten stehen lassen. Danach noch mal aus und dann erst normaler Start. Dreht man gleich am Schlüssel, sperrt der Wagen erst mal... :-) Bei Fahrzuegen mit Benzinnotschalter im Motorraum auch drauf achten, daß man den nicht versehentlich eindrückt (rote Kappe etwa so gruß wie'n 2,-€-Stück)...da kann man sich dumm und dusslig suchen nach so ner Aktion.

9. ZKD-Tausch - ist fällig, sofern im Kühlwasser Öl ist oder das Öl an den Ecken vorn austritt (meist zuerst an der ZR-Seite), vom Prinzip her wie ZR-Tausch, aber zwischen dem ZR Freilegen und dem Abbauen des rechten Motorlagers kommt der Kopf runter und wieder rauf. Ansaugbrücke und Abgaskrümmer bleiben erst mal dran, bis der Kopf begutachtet wurde, Motor unbedingt abgesteckt lassen! Rest steht in Posts zum ZKD-Tausch bestens erläutert, Motorlager zum ZR-Auflegen und WaPu-Tauschen kommt erst ab, wenn Kopf wieder fest drauf ist (zwecks vernünftiger Montagebedingungen und Momentaufbringung für die Kopfschrauben), Rest wie Zusammenbau/Einstellen unter 8.

10. Kerzen tauschen - na ja, ist eigentlich selbsterklärend, zumindest, wenn man die Kerzen erst mal gefunden hat ;-) Anzugsmoment nur 30Nm (etwa handfest +1/4 Umdrehung)!

11. Ventilspiel kontrollieren/einstellen - Ventildeckel ab, alte Dichtung weg, Ventilspiel messen, einstellen (0,2mm E und 0,4mm A), neue Dichtung ran (kein Öl, kein Kleber!), Deckel drauf (nur 5Nm, das ist weniger als handfest!!!!), fertig.

12. Ölwannendichtung tauschen - nur wenn sie leck ist, Schrauben raus, Wanne ab (manchmal muß das Vorderrohr mit Kat raus - dann die 4eckige Dichtung oben auf jeden Fall neu machen!), Dichtflächen reinigen, Vorderseite des Blocks innen gründlich sprühreinigen (da läuft sonst minutenlang immer wieder Öl runter und auf die Dichtfläche), Ölansaugsieb inspizieren und ggfs. mit einem dünnen Draht Dichtungsreste etc. herauspolken, dünne Dichtmasselage auf die Wannenkante (vor allem außen und wenig nach innen - Thema zugesetztes Ölsieb durch zu viel Dichtmasse), Dichtung auflegen, zweite dünne Lage Dichtung/Kleber (vorzugsweise HT-Silikon oder ölfestes PU) auftragen (wieder vor allem an Außenkante und um die Schraublöcher rum (bei manchen Dichtungen die 3 blinden Löcher ausfüllen!), ansetzen, Schrauben mit 5Nm anziehen (von hoher zu flacher Seite und immer schön wechselseitig), 2-3h an- bzw. durchhärten lassen, Schrauben nachziehen auf 8-11Nm (hängt von Dicke und Art der verwendeten Dichtungspappe ab), fertig. Öl kommt erst rein, wenn die Dichtmasse ausgehärtet ist - also frühestens nach 2h.

Mehr als diese Wartungsarbeiten sind bei einem 120Tkm gelaufenen C2 eigentlich nicht zu machen, und ohne ZKD-Tausch dauert das ganze Prozedere unter 4h (vernünftiges Werkzeug vorausgesetzt).

Das übliche Durchkontrollieren aller Schmierstellen und Gummilagerungen ist obligatorisch, aber erwartungsgemäß ist da dann nix zu machen.

Kosten für Material unter 300,-.

Gruß
Roman
Geronimo

Beitrag von Geronimo »

Guten Abend, super das du dir die Mühe gemacht hast die Bestandteile des 1.4ers aufzuschreiben.

Für den ein oder anderen bestimt ein ganz guter Leitfaden.

Das einzige was ich zu bemängeln habe ist das die Bremse beim wechsel oder entlüften der Bremsflüssigkeit IMMER beginnend hinten recht bis zuletzt vorne links in dieser Reihenfolge erneuert oder entlüftet wird.
Immer von der längsten Bremsleitung bis zur kürzesten bzw dem BF Behälter.

Für den Laien oder nicht Handwerklich begabte ist es aber trotzdem ratsam das Arbeiten an den Bremsen zu unterlassen und in eine Fachwerkstatt zu fahren oder im Beisein eines Fachmannes zu tätigen!

Gruß
RomanL
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Beitrag von RomanL »

Tja, da haben wir beide was Unterschiedliches gelernt ;-) Bei uns war's genau andersrum - kürzester und steilste Leitung zuerst, dann zu dem nächstgrößeren Dreckspeichern weiter. Aber letztlich ist es in der Praxis egal, wo man beginnt, sofern man mittels Fuß pumpt. Der Dreck wandert dort ganz wie geplant nach außen.

Ich denk, das ist auch kein wirklicher Streitpunkt, weil diese Arbeiten mit popeligen 25,-/Rad in einer freien Werkstatt wirklich auch fremdvergebbar sind. ich hab dort nur leider die Erfahrung gemacht, daß der Preisdruck dazu führt, daß man gern mal das Reinigen etwas nachlässig ausführt und nur die Steine/Backen mal fix umhängt. Ergebnis: Die Steine hängen schon 3 Wochen später wieder fest ;-(

Gruß
Roman


PS: Ich könnte das auch für den 1,6er oder Diesel aufschreiben, aber ich tippe mal, der 1,4er 8V führt die Zulassungsliste noch immer an - zumal der ja auch motortechnisch am einfachsten selbst zu machen ist UND die ZKD-Problematik am stärksten hat (und somit auch die meisten Leute auf die Suiche schicken wird;-)
RomanL
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Beitrag von RomanL »

siehe Citroen Wartungshandbuch C2 - S.177 zwischen Bild B3FP15YC und B3FP15ZD:

Reihenfolge beim Entlüften:

1. vorn links
2. vorn rechts
3. hinten links
4. hinten rechts.

Ganz offiziell vom Hersteller... Ich denke, die Jungs haben das ebenso gelernt wie ich ;-)

Gruß
Roman
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toadi
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Beitrag von toadi »

Die Entlüftungmethode von der längsten zur kürzesten Leitung gilt für Fahrzeuge mit gleichgroßen Bremszylindern z.B. Trommelbremse vorne und hinten.
Bei unterschiedlich großen Zylindern fängt man mit dem nächsten größten Zylinder und arbeitet sich vor zum zum kleinsten entferntesten Zylinder. Beim C2 z.B. von vorne links nach hinten rechts bei hinten Trommel sowie auch Scheiben, da die Bremszylinden auch bei Scheiben hinten kleiner sind.

(So mein Wissensstnad bei meiner Ausbildung, korriegiert mich, wenn ich mich irre.)

Wichtig ist aber, dass man, egal wo man anfängt, diese Arbeitet sorgfältig macht, denn bei Luftblasen im Bremssystem ist der Spaß schnell vorbei.

MfG
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RomanL
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Beitrag von RomanL »

Korrekt, aber das gilt natürlich auch für alle anderen Arbeiten, die ich oben angeführt habe. Lose Ölablasschraube ist auch lebensgefährlich - vor allem für Motorradfahrer hinter Dir.

Insofern immer schön dran denken, daß ein Auto nur dann sicher ist, wenn man es auch fachgerecht instandsetzt! Das setze ich mal beim geneigten Leser voraus...

Gruß
Roman
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